Zum Buch von Gerhard Roth - Bildung - 
											oder? 
										 
									Zustände im Gehirn des Professors Roth, der über Bildung nachdenkt. 
											 
										Ein weiteres Buch also zur Misere unserer Bildung und der beteiligten Schulen, Lehrer und Behörden. Dass die Schüler nicht ausreichend und sinnvoll lernen ist eine alte Klage, bei uns in Deutschland noch mal kräftig angefeuert durch den PISA-Schock. 
										Das besondere dieses Buches liegt in der Profession des Autors, Professor Roth ist Neurobiologe, im Klappentext steht: “Die Erkenntnisse der Psychologie und Neurowissenschaften 
										über die Rolle von Persönlichkeit und Motivation beim Lehren und Lernen und die beste Art der Wissensvermittlung haben bisher keinen Eingang in unser Bildungssystem gefunden.“ 
										Ein hoher Anspruch, denn ein Weg zur Lösung wird in diesem Satz suggeriert.
								Ich werde dem nachgehen, die Ausbildung und Weiterbildung von Pädagogen wird kritisiert, insbesondere die geisteswissenschaftliche Ausrichtung von Didaktik und Pädagogik wird bemängelt. Dazu Praxisferne und mangelnde Motivation des Lehrpersonals, vielfach Frustration bei ehemaligen Lehrern in den Bildungsbehörden und Instituten. 
											 
											Der als führender Pädagoge und Didaktiker genannte Professor Terhart bescheinigt unserem Autor, dass die Ausbildung für die spätere Praxis der Schule und Weiterbildung weitgehend wertlos ist. 
											Professor Roth hat selbst dieses geisteswissenschaftliche Studium absolviert und für nutzlos befunden. Dem kann man weitgehend zustimmen, auch wenn es viele Einflüsse gibt für guten und schlechten Unterricht. 
											Im Werdegang von Geistes- zu Naturwissenschaften liegt meines Erachtens ein wesentliches Motiv für die Beschäftigung mit dem Thema. 
											Es gibt zudem engen Kontakt über das Forum „Lehren und Lernen“ der Uni Bremen mit Schulen. Das ganze wurde sehr gefördert vom damaligen Senator Lemke, der vielleicht das Renommee des Naturwissenschaftlers für sich und die Schulen nutzen wollte. 
											 
											Zur Sache selbst: Ich habe 30 Jahre in der Erwachsenenbildung gearbeitet, weiter den Gang 
											zweier Kinder durch Bremer Schulen begleitet und kenne viele Lehrer im Bekanntenkreis. 
											Ich sehe weder in der Theorie, noch in der Praxis pädagogischer Arbeit (zur Zeit) eine Relevanz neurobiologischer Kenntnisse; was Prof. Roth zu Emotionen und Bewusstsein, zur Motivation 
											von Lernenden aufführt ist schlichtweg trivial. Was an praktischen Vorschlägen zur Veränderung 
											des Unterrichts geboten wird, Änderung des 45 min-Rhythmusses, Abwechslung von 
											Frontal- und Gruppenunterricht, Projektunterricht ist ja nun nichts Neues, es wird auch nicht 
											besser, wenn es von der Neurobiologie bestätigt wird. Das Rad wurde nicht neu erfunden. 
											Prof.Roth weiss dieses auch, zumindest rhetorisch räumt er dieses ein, um dann wieder die Defizite 
											besonders der Lehrer mit anti-naturwissenschaftlicher Haltung zu kritisieren, an einer Stelle spricht er von einem hohlen sozialen-revolutionären Pathos. 
											Das ist natürlich der bekannte Ideologie-Vorwurf gegen Linke, dagegen die handfeste Beweisführung der Naturwissenschaft, diese gilt in der Öffentlichkeit ohnehin als führend gegen Geisteswissenschaften, die in der Luft hängen bleiben mit ihren Beweisen. 
											Wir können natürlich auch bei dem Prof. Roth und Kollegen ein meist konservatives Weltbild erkennen, Determinismus bis hin zum Biologismus sind in dieser Arbeit angelegt, überträgt man Ergebnisse auf andere Felder unreflektiert, wird es gefährlich. Lerntheorien wie der Konstruktivismus, dem Roth 
											nahesteht, bekanntester Name ist der Chilene Maturana, führen radikal gedacht auch zu absurden 
											Ergebnissen, philosophisch in den Solipsismus. 
											Politiker und Eltern die Interessen in Richtung mehr Ungleichheit vertreten, finden Argumente vor, die brauchbar sind. Der Kulturkampf in Hamburg um Schulformen zeigt gut, wie um das soziale Feld „Bildung“ gekämpft wird. 
											Meine subjektive Wertung, nicht naturwissenschaftlich abgesichert, dass Wissen in vielen Bereichen zur Bildung von Persönlichkeit beiträgt, dazu gehören Geschichte, Politik, Psychologie, Ökonomie, Kritische Theorie, Wissen von anderen Kulturen und Gesellschaften. 
											Selbstverständlich auch Erkenntnisse der Neurobiologie. 
											Oder analog zu Hans Eislers Aussage zur Musik: 
											Wer nur etwas von Bildung versteht, versteht auch davon nichts. 
											 
											Wilfried Grünhagen 
											Bremen, 17.Juni 2011 
								
							 
						 |