Ein Zeitzeuge von 95 Jahren

In der letzten Woche wurtde in den Weser-Terrassen eine bemerkenswertes Buch vorgestellt, eine Fotodokumentation,vorgestellt vom Autor Heinrich Germer selbst: 
„Bilder einer verführten Jugend". 
Alles sehr lebendig und anschaulich, wie gesagt, ein alter Herr von 95 Jahren, der fast ein Jahrhundert erlebt hat.

 

Es sind Bilder aus dem 2.Weltkrieg, den der Autor mit 19 Jahren im
sogenannten Russland-Feldzug erlebte, der nach 2 Jahren nach Norwegen
geschickt wurde und somit den Krieg überlebte. Hunderte von Bildern
mit einer Kleinbild-Kamera gemacht, blieben erhalten und wurden vom Autor
ausgewählt für dieses Buch  in der  Serie „Erlebnisse von Zeitzeugen“
des Bremer Kellner-Verlag. Dazu Briefe mit der Familie und kurze Texte.

(Siehe auch  die ausführliche Besprechung des Buches von Bertho in dieser Serie, ein junger Zwangsarbeiter aus Frankreich in Bremen, der natürlich andere Eindrücke in Bremen hat und deshalb besonders interessant ist.)

Einige Anmerkungen zur Erinnerung von Zeitzeugen und zur Betrachtung
des 20. Jahrhunderts, das der Historiker Hobsbawm als Zeitalter der Extreme benannte.
Ein kurzes Jahrhundert mit Katastrophen von 1914 bis zu den Nachwirkungen des 2.Weltkrieges, darauf folgend etwa 30 Jahre eines außergewöhnlichen Wachstums und sozialen Veränderungen, die es so grundlegend noch nicht gegeben hat.Und bis heute Krisenjahrzehnte mit steigender Unsicherheit.
Eine Folge ist, das insbesondere junge Leute heute in einer permanenten Gegenwart
leben, jegliche Verbindung zur Vergangenheit des eigenen Lebens (der eigenen Familie) fehlt. Ein unheimliches Phänomen.

Um so wichtiger ist es doch,Dinge in Erinnerung zu rufen, sowohl von Historikern,
wie auch von Zeitzeugen, die wir ja alle sind. Entscheidend ist es dabei zu verstehen
und zu erklären, weshalb die Dinge  eben ihren Lauf genommen haben. Dabei kann
es zu großen Unterschieden kommen, wie wir selbst nach 100 Jahren zu den Ursachen
des 1.großen Weltkriegs sehen können.
Die Deutung von Bildern zu den Verbrechen der Wehrmacht in der so genannten
Wehrmachtsausstellung wurde sehr heftig umstritten. Ein Tabu-Thema. Man sehe
auch, wie viel mehr noch Kriege heute von PR  bestimmt werden.

Wir sollten jedoch immer beachten, dass die Erinnerung von Zeitzeugen natürlich
stark von persönlichen Eindrücken bestimmt ist, dass es immer nur ein sehr
kleiner Ausschnitt des Geschehens ist. Wichtig ist auch zu überlegen, was geben
diese Bilder aus dem Krieg wieder, was nicht. Der Autor Germer sprach ja offen
von  Erschießungen und der Zensur, die Bilder geben  eben einen Ausschnitt
des Soldatenalltags wieder. Am Schluss des Buches wünscht Germer, dass so
etwas nie wieder passieren darf.

 Wilfried Grünhagen Juli 2017

 

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